Alle Jahre wieder – ausgesetzte Tauben

5. Apr. 2016

Tauben_Ollheim_1Fast zeitgleich zum letzten Jahr wurden ganz in meiner Nähe erneut Rassetauben ausgesetzt. Zusammen mit der Taubenexpertin des Tierheims Bonn und einer weiteren Tierschützerin gelang es uns 23 Tiere zu retten. Unterstützt wurden wir in beispielhafter Weise von dem “Finder”, einem Pferdehalter, unter dessen Offenstall die Vögel Zuflucht gesucht hatten.

Hier unser Bericht:

Rassetauben – tödliche Selektion und Gleichgültigkeit

Wie ein Déjà-vu kam es uns vor, als kurz vor Ostern der Anruf einging, in Swisttal seien über 20 Rassetauben bei einem Pferdehalter gestrandet. Schon im letzten Jahr wurden nur 8 km entfernt an einer städtischen Kläranlage 8 ausgesetzte Usbekische Tauben gemeldet und eingefangen.

Der jetzige „Finder“ hatte bereits, ähnlich wie bei einem weiteren Fall 2014, an verschiedenen Stellen nach Hilfe gesucht:

Ordnungsamt & zuständiges Tierheim

Das Ordnungsamt fühlte sich nicht zuständig – obwohl klar geregelt ist, dass es für Fundtiere seiner Gemarkung verantwortlich ist. Es versprach auf nochmalige Nachfrage des Finders lediglich, den Fall an das zuständige Veterinäramt weiterzuleiten.

Das zuständige Tierheim Mechernich sah sich überfordert, wollte „sich umzuhören“ und leitete das Hilfegesuch an den Deutschen Tierschutzbund weiter. Auch von dort kam keine Reaktion.

Nicht einmal einen Hinweis, an wen sich der Finder hätte wenden können, gab es von einer der angesprochenen Institutionen.

Die Zeit verging, während die Vögel im Gebälk hockten. Für Tiere, die nicht auf das Überleben in der Natur ausgelegt sind, kann jeder Tag ohne Hilfe den Tod bedeuten.

Züchter


Tipps von einem ehemaligen Züchter, die Tauben einzufangen und 10 km weiter auf einem Feld erneut fliegen zu lassen – „die finden nicht wieder zurück“ – oder den Tieren einfach den Hals zu brechen, wurden glücklicherweise nicht in Betracht gezogen.

Schließlich landete der Hilferuf im Tierheim Bonn.

Das Tierheim ist für diesen Kreis nicht zuständig und auch die Kapazität der tierheimeigenen Voliere ist längst erschöpft. Trotzdem war es für die Taubenexpertin und Beirätin Vögel, Sabine Brunelli, keine Frage, sofort zu helfen.

Ich wohne in der Nähe des Fundortes und fuhr noch am selben Tag an den Zufluchtsort der Tauben. Ich wollte mir ein erstes Bild machen um das weitere Vorgehen mit der Expertin des Tierheims abzustimmen. Es war geplant, ein oder zwei – vielleicht die schwächsten – Tauben einzufangen, um den Zustand der Tiere durch eine entsprechende Untersuchung einschätzen und vorhandene Ringe ablesen zu können.

Tauben_OllheimStatt der erhofften wenigen Tiere konnten dann auf einen Schlag 17 der insgesamt 24 Rassetauben eingefangen werden. Obgleich sie tagelang die Reste des Wildvogelfutters auf dem Nachbargrundstück gepickt hatten, waren sie so stark ausgehungert, dass sie sich förmlich übereinander stolpernd auf die Körner in dem Fangkäfig stürzten.

Die Tauben, die von außen versuchten an das Futter zu gelangen, konnten wir mit einem Kescher oder der bloßen Hand aufnehmen. Die verbliebenen 6 Tiere wurden nach und nach von dem beispielhaft engagierten Finder eingefangen.

Wir erfuhren später, dass 2 Tauben die erste Nacht in Freiheit nicht überlebt hatten. Sie verstarben völlig entkräftet an ihrem Zufluchtsort. Eine dritte Taube fehlte im Verlauf der Tage – sie war vermutlich das Opfer eines Raubvogels geworden. Von ursprünglich 26 Tauben konnten somit 23 gesichert werden.

Tauben_Ollheim_2Wir warten bis heute auf eine Reaktion des Deutschen Tierschutzbundes und des Veterinäramtes. Währenddessen dürfen sich die geretteten Tiere im Tierheim satt essen und sich wieder geborgen fühlen.

Zügig werden sie einem vogelkundigen Tierarzt vorgestellt, geimpft und dann auf verschiedene private Pflegestellen oder schon Endplätze in NRW verteilt. Geschützt und kompetent versorgt sind sie dort von Herzen willkommen.

Die teilweise von den Tauben getragenen Ringe sind für uns leider nicht brauchbar. Sie sind über Kleinanzeigen zu erwerben und helfen nur dem Besitzer bei der Zuordnung der Tauben, eine Rückverfolgung für uns ist nicht möglich.

Rassetauben sind Haustiere

Wir betonen an dieser Stelle nochmals ausdrücklich, dass auch Tauben HAUStiere sind, die so gut in der Freiheit überleben können, wie Hauskatzen, Hunde, Hamster, etc. – nämlich gar nicht!

Nur weil sie fliegen können und man automatisch an Stadttauben denkt, die in der Stadt ja auch von allem möglichen Unrat leben können (was ein großer Irrtum ist, aber das ist ein anderes Thema), sind Rassetauben nicht automatisch mit diesen gleich zu setzen.

Ein Aussetzen solcher Tiere ist ebenso eine Straftat wie das Aussetzen eines Hundes oder einer Katze. Wir werden den Vorgang zur Anzeige bringen.

Wir wollten wetten, dass sich diverse Tierschutzvereine mit der Rettung überschlagen hätten, hätte man ihnen 24 ausgesetzte Katzen oder Hunde gemeldet. Ein riesiges Medieninteresse wäre ihnen sicher gewesen. Auch die Motivation des Ordnungsamtes wäre eine ganz andere gewesen.

Das Schicksal von Vögeln – Tauben in diesem Falle – aber findet weder Hilfe noch Interesse.

Tödliche Selektion

Wir vermuten aufgrund der Jahreszeit, dass die Tauben nach der neuen „Anpaarung“ des Züchters als „nicht mehr für die Zucht brauchbar“ ausgesondert wurden. Das ist leider gängige Praxis. Statt diesen Tieren ein Gnadenbrot zu gewähren oder sie in verantwortungsvolle Hände abzugeben, werden sie getötet oder ausgesetzt ihrem meist tödlichen Schicksal überlassen.

Jegliche „Entsorgung“ von „unbrauchbaren“ Tiere ist aus tierschützerischer Sicht inakzeptabel und ethisch nicht vertretbar.

Dank

Ein großer Dank geht an den Finder, dem das Schicksal der Tauben nicht egal war, sowie die Pflegestellen und Endplätze!

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