Wir nannten ihn Sam

28. Jul. 2019

Es war der erste der sehr warmen Tage der vergangenen Woche. Einer beseelten Dame lief am Waldrand eine Katze entgegen, die in sichtbar schlechtem Zustand war. Es war offensichtlich, dass das Tier Hilfe suchte und auch dringend benötigte.
Auf meinen Rat hin, ging die Dame, ausgerüstet mit einer Transportbox, noch einmal an die Stelle, fand das Tier aber nicht mehr.
Also fuhr ich zu ihr; im Gepäck eine Lebendfalle und Alles, was dazu gehört. Sorgfältig bauten wir auf und besprachen die Vorgehensweise. Es wäre nicht nötig gewesen.
Die Katze lag am Wegrand, nur wenige Meter entfernt von der Stelle der ersten Begegnung.
Das braungetigerte Fell verschmolz mit den Farben des Waldbodens.

Der Anblick des Katers war erschütternd.
Wer sich dennoch ein Bild von seinem Zustand machen möchte, findet hier einige Bilder.

Unzählige Fliegen umschwirrten das geschwächte Tier und hatten auf dem Rücken bereits einen großen Bereich mit Eiern besetzt. Vorsichtig näherte ich mich; ganz ruhig schaute es mich an um dann dankbar aus der Schale mit Katzenmilch zu trinken.
(Es ist immer ein Risiko, Tieren in so schlechtem Zustand zu Trinken oder gar zu Fressen anzubieten. Die Gefahr, dass bei einer überhasteten Aufnahme Flüssigkeit in die Lunge gerät, ist groß. In diesem Falle bin ich froh, mich dafür entschieden zu haben).
Mühelos bargen wir den Findling in einem Bettbezug und setzten ihn in die Transportbox.
Unverzüglich machte ich mich auf den Weg zu meinem Tierarzt, bei dem wir bereits angekündigt waren.
Die Box stand auf dem Beifahrersitz, so dass ich immer ein Auge darauf haben konnte. Ohne jede Angst und voller Vertrauen schaute mich ein völlig klares Augenpaar an. Ein sauberes Tuch, keine Fliegen und ein nasses, kühlendes Handtuch… irgendwann legte die Katze den Kopf ab und ruhte sich erschöpft aus.
Ich hoffte so sehr, aber der Arzt erkannte sofort, dass es keine Rettung gab. Die pflaumengroße Zubildung, die am Hals hing, war ein Tumor; in dem angerissenen Stiel wimmelte es von Maden. Aus einer weiteren auf dem Kopf lief der Eiter, und auch im Bauchraum ertastete der Arzt einen Tumor. Das von langer Krankheit ausgemergelte Tier hatte hohes Fieber.
Ganz ruhig entschlief der Kleine seinen Schmerzen.
Ein kastrierter Kater ohne Kennzeichnung. Er war kein Streuner und auch keine Katze, die schon lange draußen unterwegs war. Kam er von dem nahegelegenen Bauernhof? Die Tumoren wuchsen nicht in kurzer Zeit; Menschen müssen das gesehen haben. Man überließ ihn monatelangem Leiden.
Am Ende bekam er Hilfe; er erhielt einen Namen und ein würdiges Ende.
So traurig das Schicksal des Katers macht, bereichert es mich um eine wunderbare Erfahrung. Ich traf auf gleich zwei Menschen, die nicht nur nicht wegschauten, sondern sich auch noch aktiv kümmerten. Die Dame, der er entgegenlief und eine junge Frau mit ihren zwei Söhnen. Auch sie hatten den Kater gesehen und bereits die Feuerwehr zur Bergung angerufen.
Sam hatte Hilfe gesucht, und ich war jeden einzelnen der vergangenen brütend heissen Tage dankbar, dass er sie gefunden hatte.

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